Wer einen Mensch auf dessen Wunsch
tötet, wird in Deutschland wegen Tötung auf Verlangen mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft. In der europäischen Union gibt es nur vier Länder, die aktive Sterbehilfe und/oder eine Freitodbegleitung
ausdrücklich erlauben. Wir stellen Ihnen die gesetzlichen Regelungen vor.
Belgien
Durch eine Gesetzesänderung ist Sterbehilfe in Belgien seit dem 23.09.2002 unter drei Bedingungen erlaubt:
- Der Patient muss volljährig oder ein „für mündig erklärter Minderjähriger“ sein und zum Zeitpunkt seines
Wunsches der Sterbehilfe bei Bewusstsein und handlungsunfähig sein.
- Der Patient muss seinen Sterbenswunsch überlegt und freiwillig (ohne Druck von außen) treffen und diesen
Wunsch mehrmals wiederholen.
- Der Patient muss sich in einer „medizinisch aussichtslosen Lage“ befinden. Dazu gehören fehlende
Heilungschancen und körperliche oder psychische Qualen durch Erkrankung oder Unfall.
Seit dem 28.02.2014 muss der Patient nicht mehr volljährig sein oder eine minderjährige Mündigkeit besitzen. So ist aktive Sterbehilfe in Belgien – unter speziellen Voraussetzungen für minderjährige Patienten – für Menschen jeglicher Altersstufen möglich. So ist Belgien das einzige Land weltweit, bei denen unheilbar
kranke Kinder sich ohne Altersbegrenzung für Sterbehilfe entscheiden können.
Schweiz
Die Schweiz gilt als Sterbehilfe-Hochburg Europas. Im Gegensatz zu anderen Ländern erlaubt die Schweiz bestimmte Formen der Sterbehilfe auch für Ausländer.
- Während direkte aktive Sterbehilfe in der Schweiz verboten ist, erlaubt das Schweizer Gesetz indirekte
aktive Sterbehilfe. So ist zum Beispiel der Einsatz von lebensverkürzenden Medikamenten oder der Abbruch von lebenserhaltenden Maßnahmen unter bestimmten Voraussetzungen legal.
- Die Beihilfe zum Selbstmord („Suizidhilfe“) ist ebenfalls straffrei. Nur wenn jemand einen Selbstmord
durch „selbstsüchtige Beweggründe“ unterstützt, drohen bis zu fünf Jahre Haft oder eine Geldstrafe.
Die Suizidhilfe in der Schweiz bezeichnet die Beschaffung eines tödlichen Medikaments, welches der Patient ohne fremde Hilfe selber einnimmt. Organisationen wie Dignitas (auch für Ausländer) und EXIT bieten professionelle und legale Suizidhilfe gemäß der Schweizer
Gesetzeslage.
Luxemburg
Seit dem 16.03.2009 gibt es in Luxemburg ein Gesetz für den assistierten Suizid. Demnach können Ärzte sterbewillige Patienten unter bestimmten Bedingungen mit aktiver Sterbehilfe
oder Beihilfe zum Suizid unterstützen:
- Der Patient muss volljährig sein, unter psychischen oder physischen Schmerzen leiden und keine Aussicht
auf eine Heilung haben.
- Der Patient muss seinen Wunsch zu sterben freiwillig (ohne Druck von außen), überlegt und schriftlich
formulieren.
- Minderjährige Patienten brauchen eine Zustimmung der Eltern oder gesetzlichen Vertretern. Bei
geschäftsunfähigen Patienten muss der Sterbenswunsch in einer Patientenverfügung festgelegt sein.
Grundsätzlich müssen Ärzte in Luxemburg einige Richtlinien der Sterbehilfe beachten. So muss jeder Arzt mehrere Gespräche mit dem sterbewilligen Patient führen, sich ein Bild über
den Zustand des Patienten und medizinischen Heilungsmöglichkeiten machen und den Patienten ausführlich aufklären. Wenn es um die Einschätzung der Unheilbarkeit der Erkrankung geht, ist außerdem die
Meinung eines zweiten Arztes einzuholen. Alle Fälle der Sterbehilfe werden anschließend durch eine Kontrollkommission auf Einhaltung der gesetzlichen Bedingungen überprüft.
Niederlanden
Die Niederlanden haben aktive Sterbehilfe als erstes Land weltweit legalisiert. Seit dem 09.02.1993 ist aktive Sterbehilfe und die Beihilfe zur Selbsttötung unter bestimmten
Voraussetzungen erlaubt. Gemäß Artikel 2 des Sterbehilfegesetzes („euthanasiewet“) müssen sich Ärzte dabei an folgende 5 Schritte/Kriterien halten, um sich nicht strafbar zu machen:
- Der Wunsch des Patienten für Sterbehilfe ist wohlüberlegt und absolut freiwillig (aus Sicht des Arztes).
Wenn der Patient seinen Willen nicht mehr äußern kann, muss der Patient seinen Sterbenswunsch vorher (bei Geschäftsfähigkeit) schriftlich festgelegt haben.
- Der Zustand des Patienten ist aussichtslos und sein Leiden unerträglich (aus Sicht des
Arztes).
- Der Arzt hat den Patienten umfassend über die Situation und medizinische Behandlungsmöglichkeiten
aufgeklärt.
- Der Arzt und der Patient sind beide der Meinung, dass diese Behandlungsmöglichkeiten keine annehmbaren
Lösungen für die Situation des Patienten sind.
- Der behandelnde Arzt kontaktiert mindestens einen weiteren und unabhängigen Arzt, der den Patienten
untersucht und zu den Kriterien 1-4 eine schriftliche Stellungnahme erstellt.
- Die Sterbehilfe erfolgt mit der „gebotenen Sorgfalt“.
In den Niederlanden können auch Minderjährige ab 12 Jahren um aktive Sterbehilfe oder Hilfe zur Selbsttötung bitten. Bis zum Alter von 15 Jahren müssen Eltern oder
Erziehungsberechtigte dem Wunsch Ihres Kindes zustimmen – 16- und 17-jährige können selbständig entscheiden.
Und in Deutschland?
In Deutschland ist aktive Strebehilfe unter jeden Umständen verboten. Passive Sterbehilfe, indirekte Sterbehilfe und Beihilfe zur Selbsttötung können unter bestimmten Voraussetzungen
erlaubt sein. Mehr Informationen zu Sterbehilfe in Deutschland bietet Ihnen unser Artikel Patientenverfügung und Sterbehilfe.
Quelle Titelbild und Text:
Patientenverfügung.digital
5.11.2019
Was ist Sterbehilfe?
Es gibt keine einheitliche Definition. Grundsätzlich umfasst Sterbehilfe verschiedene direkte oder indirekte Maßnahmen, die zum Tod eines Menschen führen, wenn dieser dies
ausdrücklich wünscht. Es geht also um eine grundsätzliche Frage des menschlichen Leben und Sterben – um die Freiheit des Einzelnen und um die Frage, ob Menschen ihrem Leben selbst ein Ende setzen
dürfen.
Die 4 Formen der Sterbehilfe
- Aktive Sterbehilfe
Aktive Sterbehilfe wird auch als „Tötung auf Verlangen“ bezeichnet. Dabei führt eine Person den Tod eines Menschen auf dessen ausdrücklichen Wunsch aktiv herbei – zum
Beispiel durch Verabreichen eines tödlichen Medikaments.
Beispiel: Angelika P. ist ein schwerbehinderter Pflegefall. Da Angelika ein solches Leben nicht mehr als lebenswert empfindet, bittet sie einen Arzt, ihr
ein tödliches Medikament zu spritzen und sie von ihrem Leiden zu erlösen.
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- Passive Sterbehilfe
Passive Sterbehilfe beschreibt das Beenden oder das Auslassen lebenserhaltender Maßnahmen auf Wunsch des Patienten – zum Beispiel künstliche Beatmung oder Ernährung.
Statt „passiver Sterbehilfe“ wird häufig von einem „Behandlungsabbruch“ gesprochen.
Beispiel: Detlef H. liegt mit einer unheilbaren Krankheit auf der Intensivstation und wird mit künstlicher Ernährung am Leben gehalten. Detlef bittet die
Ärzte, die künstliche Ernährung einzustellen und ihn sterben zu lassen.
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- Indirekte Sterbehilfe
Indirekte Sterbehilfe bezeichnet den Einsatz von Medikamenten, die den Zustand eines geschwächten Patienten kurzfristig verbessern, aber die Lebensdauer verkürzen. Das
ist zum Beispiel bei starken Schmerzmitteln der Fall – für eine Schmerzfreiheit nimmt der Patient seinen vorzeitigen Tod in Kauf.
Beispiel: Lisa M. hat Krebs im Endstadium. Sie ist nicht mehr ansprechbar, hat nur noch wenige Tage zu leben und leidet unter starken Schmerzen. Der Arzt
erhöht die Morphiumdosis, um die Schmerzen zu lindern – und nimmt dafür den früheren Tod der Patientin in Kauf.
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- Beihilfe zur Selbsttötung
Bei einer Beihilfe zur Selbsttötung stellt ein Helfer alles Erforderliche für einen Suizid bereit. Die Selbsttötung wird vom Patienten jedoch komplett alleine
durchgeführt – ein Beispiel dafür ist das Präparieren einer Giftspritze, die sich der Patient selbst verabreicht.
Beispiel: Hans G. ist querschnittsgelähmt. Er möchte sein Leben beenden, ist dazu alleine jedoch nicht in der Lage. Er bittet seine Frau um Hilfe.
Diese mischt einen tödlichen „Giftcocktail“, stellt diesen in Reichweite von Hans und verlässt das Haus.
Welche Form von Sterbehilfe ist in Deutschland erlaubt?
- Aktive Sterbehilfe ist verboten.
Wenn der ausdrückliche Wunsch des Verstorbenen nachgewiesen werden kann, lautet die Anklage Tötung auf Verlangen (§ 216 Strafgesetzbuch). Wenn das Verlangen nicht nachgewiesen werden kann, ist sogar Totschlag oder Mord als Anklagepunkt
möglich.
Wichtig: Seit März 2017 gibt es eine Ausnahmeregel. In „extremen Ausnahmesituationen“ darf ein Patient Medikamente zum Suizid erwerben. Damit
diese Regel eintritt, müssen die betroffenen Patienten „wegen ihrer unerträglichen Lebenssituation frei und ernsthaft entschieden haben, ihr Leben beenden zu wollen“. Außerdem darf es keine
palliativmedizinischen Alternativen geben.
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- Passive Sterbehilfe ist erlaubt.
Es müssen jedoch strenge Vorgaben zur Einstellung lebenserhaltender Maßnahmen eingehalten werden. Wenn der Patient einen Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen konkret in einer Patientenverfügung
festgehalten hat, sind Ärzte in Deutschland sogar zur passiven Sterbehilfe verpflichtet.
Was passiert ohne Patientenverfügung?
Ohne Patientenverfügung darf es keine Zweifel geben, dass der Patient nicht mehr leben möchte – oder, dass die medizinische Behandlung das Leiden des Patienten nur verlängert. Wenn das gegeben ist,
braucht es eine schriftliche oder mündliche Einwilligung des Patienten – was in vielen Fällen natürlich schwierig ist.
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- Indirekte Sterbehilfe ist erlaubt.
Der Bundesgerichtshof hat das bereits 1996 durch ein Urteil bestätigt. Heutzutage ist indirekte Sterbehilfe vor allem in der palliativmedizinischen Versorgung weit verbreitet.
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- Beihilfe zur Selbsttötung kann erlaubt sein.
Damit der Unterstützer straffrei bleibt, muss das Opfer seinen Tod jedoch selber herbeiführen und der Suizidhelfer darf nicht gewerbsmäßig handeln (§ 217 StGB). Wenn Helfer während dem Suizid anwesend sind, können sie wegen unterlassener Hilfeleistung (§ 323c StGB) verurteilt werden. Für Ärzte ist eine Beihilfe zur Selbsttötung grundsätzlich
verboten.
Übrigens: In den Niederlanden, Belgien und Luxemburg ist aktive Sterbehilfe bereits gesetzlich erlaubt.
Sterbehilfe in der Patientenverfügung
In einer Patientenverfügung können Sie demnach passive Sterbehilfe festlegen. Dafür müssen Sie konkrete Situationen und konkrete medizinische Maßnahmen beschreiben, in denen sie auf
lebenserhaltende Geräte oder Behandlungen verzichten möchten. Sie können zum Beispiel eine Wiederbelebung oder künstliche Ernährung im Endstudium einer tödlichen Krankheit ablehnen.
Tipp: Auch die detaillierteste Patientenverfügung kann nicht
alle möglichen medizinischen und pflegerischen Situationen abdecken. Deshalb ist eine zusätzliche Betreuungsverfügung sinnvoll –
so sichern Sie sich ab und bestimmen einen Stellvertreter, der Ihren Willen durchsetzt.