Aktualisiert am 10. Mai 2021, 13:12 Uhr
Dass Union-Politiker im vergangenen Jahr bei Deals mit Corona-Schutzmasken mitverdient haben, ist seit Monaten bekannt. So soll eine Gruppe um die langjährigen CSU-Abgeordneten Georg Nüßlein und Alfred Sauter Provisionen in Höhe von mehreren Millionen Euro für die Vermittlung von Maskengeschäften erhalten haben.
Die Masken-Deals von Andrea Tandler, die NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung" (SZ) recherchiert haben, erreichen allerdings eine völlig neue Dimension:
Die Tochter des früheren CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler soll dem Bericht zufolge Anspruch auf 34 bis 51 Millionen Euro aus Verkäufen von Masken an mehrere deutsche Ministerien haben.
Ein großer Teil des Betrages davon soll demnach auch geflossen sein – letztlich Steuergeld.
Tandler profitierte von guten Kontakten in die Politik
Tandlers Geschäfte basierten auf ihren guten Kontakten in die Politik – bis hinauf zu Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Tandler, Geschäftsführerin einer Münchner Werbeagentur, soll zwei Schweizer Jungunternehmern und deren Firma Emix geholfen haben, Corona-Schutzmasken aus China an mehrere deutsche Ministerien zu verkaufen.
Spahn hatte gegenüber dem Bundestags-Haushaltsausschuss angegeben, dass ihn Tandler im März 2020 über das Angebot der Firma Emix informiert hat. Es war einer der größten Maskendeals im Zuge der Corona-Pandemie. Für mehr als 670 Millionen Euro kaufte Deutschland persönliche Schutzausrüstung bei Emix ein, deren Betreiber damit vermutlich 130 bis 200 Millionen Euro verdienten, wie NDR, WDR und SZ berichteten.
Emix soll einem "Spiegel"-Beicht zufolge eine Vorzugsbehandlung bekommen haben – obwohl die Preise deutlich über denen der Konkurrenz lagen.
Zustande gekommen war der Kontakt zu der Schweizer Firma demnach über Tandler, wiederum vermittelt durch die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier, Tochter von Franz Josef Strauß.
Hohlmeier und Tandler sind befreundet, die Politikerin kenne die Unternehmerin laut eigener Aussage bereits "seit ihrer Geburt". Hohlmeier habe zwar mit Kontakten geholfen, aber nichts an dem Geschäft verdient, berichteten WDR, NDR und SZ weiter. Tandler sollte dagegen mit ihrer PR-Firma Little Penguin GmbH zwischen fünf und 7,5 Prozent Honorar und Provision von Emix bekommen, je nach Geschäft.
Eine weitere Amigo-Geschichte?
Aus dem Mangel an Masken gerade zu Beginn der Pandemie "ein Geschäft zu machen und sich an der Not und den Problemen anderer zu bereichern, ist schäbig und nicht zu entschuldigen", sagte der Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bayerischen Landtag, Ludwig Hartmann, unserer Redaktion bereits im März, nachdem Details der Geschäfte zwischen Emix und dem bayerischen Gesundheitsministerium bekannt geworden waren.
Der Grünen-Politiker hatte damals CSU-Chef und Ministerpräsident Markus Söder aufgefordert, "dringend alle zweifelhaften Fälle bei der Maskenbeschaffung offenzulegen und mit den Amigo-Geschichten in seiner Partei aufzuräumen".
Tandler selbst und ihre Rechtsanwältin äußerten sich auf Anfrage von WDR, NDR und SZ nicht zum Honorar, ebenso wenig wie die Firma Emix. Letztere habe lediglich mitgeteilt, dass Tandler als "Projektmitarbeiterin" für Emix gearbeitet hat. Sie war demnach "nicht nur eine Vermittlerin, sondern hat alle logistischen Herausforderungen wie zum Beispiel Liefer- und Flugpläne der eigens von Emix gecharterten Flugzeuge mit den abnehmenden Ministerien in Deutschland koordiniert".
Mund-Nasen-Schutz für 9,90 Euro das Stück
Masken verkaufte Emix nicht nur an das Bundesgesundheitsministerium und das bayerische Gesundheitsministerium, sondern auch an das nordrhein-westfälische. Das NRW-Ministerium räumte demnach auf Nachfrage ein, dass die von Emix bezogenen Masken am teuersten waren: "9,90 Euro pro Stück war der höchste Kaufpreis für KN95-Masken, der während der Beschaffungsnotlage in der Pandemie bezahlt wurde."
Dem Bericht zufolge gönnten sich die beiden 23 und 24 Jahre alten Schweizer Jungunternehmer von dem Geld für den Masken-Deal Luxusautos der Marken Ferrari und Bentley. Den Kauf der Autos sähen sie inzwischen als "Fehler" an.
Auf Anfrage von WDR, NDR und SZ teilten sie zugleich mit, sie hätten für das Geld auch viel geleistet: "Emix übernahm bei ihren Lieferungen einerseits das Risiko von Exportbeschränkungen sowie weitere Kosten etwa für Zwischenlager, Transport und Logistikkapazitäten, die zu diesem Zeitpunkt äußerst schwer zu beschaffen und extrem teuer waren." Außerdem habe Emix beim Verkauf der Masken und Schutzkleidung "stets innerhalb des aktuellen Marktpreises" gelegen.
Der Linke-Politiker Fabio De Masi sprach von einer "Art legalen Clankriminalität". Dies verdeutliche, "wie hoch die Marge und somit wie überteuert die Masken waren". Der 41-Jährige forderte Unionskanzlerkandidat Armin Laschet und CSU-Chef Söder auf, Druck auf Tandler auszuüben, "dass die Provisionen für Maskendeals vollständig an den Bundeshaushalt gestiftet werden". Es dürfe nicht sein, "dass sich das politische Umfeld der Union die Taschen vollmacht, während unser Kleingewerbe absäuft". (afp/mf)
Laut Berichten von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" soll Andrea Tandler, Tochter des früheren CSU-Generalsekretärs Gerold, zwei Schweizer Jungunternehmern und deren Firma Emix geholfen haben, Corona-Schutzmasken aus China an deutsche Ministerien zu verkaufen. Dafür habe sie Provisionen in zweistelliger Millionenhöhe erhalten.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte zuvor gegenüber dem Bundestags-Haushaltsausschuss angegeben, dass ihn Tandler im März 2020 über das Angebot der Firma Emix informiert habe. Es war einer der größten Masken-Deals im Zuge der Corona-Pandemie: Für mehr als 670 Millionen Euro kaufte Deutschland persönliche Schutzausrüstung bei Emix ein, deren beide Betreiber damit vermutlich 130 bis 200 Millionen Euro verdienten, wie NDR, WDR und "SZ" berichteten.
Masken-Deal: PR-Firma soll Anspruch auf 34 bis 51 Millionen Euro haben
Zustande gekommen war der Kontakt zu Emix demnach über Andrea Tandler, wiederum vermittelt durch die CSU-Europaabgeordnete Monika Hohlmeier, Tochter von Franz Josef Strauß. Hohlmeier und Tandler sind dem Bericht zufolge "bestens bekannt".
Hohlmeier habe zwar mit Kontakten geholfen, aber nichts an dem Geschäft verdient, berichteten WDR, NDR und "SZ" weiter. Andrea Tandler sollte dagegen mit ihrer PR-Firma Little Penguin GmbH zwischen fünf und 7,5 Prozent Honorar und Provision von Emix bekommen, je nach Geschäft.
Gemessen an der Gesamtsumme mit deutschen Ministerien hätte die PR-Firma dem Bericht zufolge somit Anspruch auf 34 bis 51 Millionen Euro aus den Masken-Deals. Ein großer Teil davon soll demnach auch geflossen sein - letztlich Steuergeld.
Tandler selbst und ihre Rechtsanwältin äußerten sich auf Anfrage von WDR, NDR und "SZ" nicht zum Honorar, ebenso wenig wie die Firma Emix. Letztere habe lediglich mitgeteilt, dass Tandler als "Projektmitarbeiterin" für Emix gearbeitet habe. Sie war demnach "nicht nur eine Vermittlerin, sondern hat alle logistischen Herausforderungen wie zum Beispiel Liefer- und Flugpläne der eigens von Emix gecharterten Flugzeuge mit den abnehmenden Ministerien in Deutschland koordiniert".
Masken verkaufte Emix nicht nur an das Bundesgesundheitsministerium, sondern auch an das bayerische und das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium. Das NRW-Ministerium räumte demnach auf Nachfrage ein, dass die von Emix bezogenen Masken am teuersten waren: "9,90 Euro pro Stück war der höchste Kaufpreis für KN95-Masken, der während der Beschaffungsnotlage in der Pandemie bezahlt wurde."
Luxusautos dank Masken-Deal
Dem Bericht zufolge gönnten sich die beiden 23 und 24 Jahre alten Schweizer Jungunternehmer von dem Geld für den Masken-Deal Luxusautos der Marken Ferrari und Bentley. Den Kauf der Autos sähen sie inzwischen als "Fehler" an.
Auf Anfrage von WDR, NDR und "SZ" teilten sie zugleich mit, sie hätten für das Geld auch viel geleistet: "Emix übernahm bei ihren Lieferungen einerseits das Risiko von Exportbeschränkungen sowie weitere Kosten etwa für Zwischenlager, Transport und Logistikkapazitäten, die zu diesem Zeitpunkt äußerst schwer zu beschaffen und extrem teuer waren."
Außerdem habe Emix beim Verkauf der Masken und Schutzkleidung "stets innerhalb des aktuellen Marktpreises" gelegen.
Linke fordert Aufklärung
Die Linke plädiert nun für Aufklärung. Linken-Fraktionsvize Fabio de Masi forderte am Samstag, das Geld müsse vollständig an den Bundeshaushalt gestiftet werden.
Dabei sprach er von einer "Art legalen Clankriminalität". Dies verdeutliche, "wie hoch die Marge und somit wie überteuert die Masken waren".
Der Linken-Politiker forderte Unionskanzlerkandidat Armin Laschet und CSU-Chef Markus Söder auf, Druck auf Tandler auszuüben, "dass die Provisionen für Masken-Deals vollständig an den Bundeshaushalt gestiftet werden". Es dürfe nicht sein, "dass sich das politische Umfeld der Union die Taschen vollmacht, während unser Kleingewerbe absäuft." (afp/kad)