Die Infektionen steigen, die Impfquote ist weiter zu niedrig: Deshalb wird heftig über eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen oder in bestimmten Einrichtungen diskutiert. Aber wie ist der rechtliche Rahmen?
Es ist noch gar nicht so lange her, da mussten in Deutschland alle Kinder im ersten Jahr nach ihrer Geburt gegen Pocken geimpft werden. Die 1874 durch das Reichsimpfgesetz eingeführte Pocken-Impfpflicht galt in der Bundesrepublik noch einige Jahrzehnte fort und wurde erst ab den 1970er Jahren schrittweise abgeschafft.
Ein aktuelleres Beispiel für eine Impfpflicht in bestimmten Einrichtungen: das Masernschutzgesetz. Seit März 2020 ist eine Masern-Impfung verpflichtend etwa für Kinder und Betreuer in Kitas und Schulen, für Menschen, die in Gemeinschaftseinrichtungen leben und für bestimmtes medizinisches Personal. Die Pflicht zur Masern-Impfung ist also an die regelmäßige Anwesenheit in bestimmten Einrichtungen geknüpft, wo die Gefahr von Ansteckungen höher ist als woanders. So soll auch ohne allgemeine Impfpflicht ein besserer Schutz vor Maserninfektionen erreicht werden.
Denn in den vergangenen Jahren war es in Deutschland immer wieder zu Masern-Ausbrüchen gekommen. Die Krankheit ist sehr ansteckend und kann schwere Folgen haben. Ähnliche Überlegungen für eine Impfpflicht, die nur in bestimmten Einrichtungen und nicht überall greifen würde, gibt es jetzt auch für Corona.
Die Masern-Impfpflicht wurde per Gesetz eingeführt. Sie ist im Infektionsschutzgesetz geregelt. Daneben erlaubt dieses Gesetz, auch andere Impfpflichten einzuführen für "bedrohte Teile der Bevölkerung", "wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist".
Möglich wäre das durch eine Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums mit Zustimmung des Bundesrats. Solange das Bundesgesundheitsministerium dies nicht tut, dürften die Landesregierungen eine entsprechende Impfpflicht in ihrem Land erlassen. Von der Möglichkeit ist bisher kein Gebrauch gemacht worden.
Ob tatsächlich per Verordnung oder doch per Gesetz - in jedem Fall müsste eine solche Impfpflicht verhältnismäßig ausgestaltet sein. Denn eine Impfpflicht ist ein Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Legitimer Zweck wäre etwa, eine Überlastung des Gesundheitssystem zu verhindern - eine Situation, die aktuell wieder realer ist als noch vor einigen Monaten. Aber auch der Schutz derjenigen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, bei denen aber schwere Krankheitsverläufe drohen, wäre ein legitimer Grund.
Denn der Staat ist verpflichtet, das Leben und die körperliche Unversehrtheit zu schützen, was ebenfalls aus den Grundrechten abgeleitet wird. Eine Impfpflicht müsste auch geeignet sein, diesen Zweck zu erreichen. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts schützt eine Impfung vor einer schweren Erkrankung, aber auch davor, andere anzustecken. Mildere Mittel wie breite Impfangebote, Aufklärung über und Werbung für eine Impfung müssten außerdem ausgereizt sein.
Am Ende muss abgewogen werden: Was wiegt schwerer? Die körperliche Unversehrtheit derer, die ohne Impfung in bestimmten Einrichtungen arbeiten oder sich aufhalten wollen, oder die Grundrechte derjenigen, die auf ein funktionierendes Gesundheitssystem angewiesen sind oder sich selbst nicht impfen lassen können. Dabei spielt auch eine Rolle, ob und welche Ausnahmen es von einer Impfpflicht gäbe - etwa für Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können.
Im Zweifel werden die Gerichte entscheiden müssen. Eine endgültige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Masern-Impfpflicht steht noch aus. Mehrere Eltern hatten Verfassungsbeschwerde eingelegt. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte dagegen im Frühjahr eine recht umfangreiche Impfpflicht für Kinder in Tschechien gegen diverse Krankheiten grundsätzlich gebilligt.
Auch in Deutschland gab es bereits Entscheidungen zugunsten von Pflicht-Impfungen: Das Bundesverwaltungsgericht hielt sie 1959 für vereinbar mit dem Grundgesetz. In der Entscheidung verwies das Gericht insbesondere auf die Erfahrungen in anderen Ländern, wo eine planmäßige Impfung gegen Pocken zu deren Ausrottung geführt habe.
Was aber soll passieren, wenn sich jemand strikt weigert, sich impfen zu lassen, obwohl er in einer vulnerablen Einrichtung arbeitet? Im Fall der Masern-Impfpflicht kann das Gesundheitsamt im Zweifel Tätigkeits- und Betretungsverbote für die betroffenen Einrichtungen aussprechen - allerdings nicht für schulpflichtige Kinder, da das mit der Schulpflicht kollidieren würde. Kinder können dann also im Zweifel nicht in einer Kita betreut werden.
Für Menschen, die in diesen Einrichtungen arbeiten, kann das arbeitsrechtliche Konsequenzen haben. Wenn sie nicht in anderen Bereichen eingesetzt werden können, für die keine Masern-Impfpflicht gilt, ist auch eine Kündigung denkbar. Außerdem können Bußgelder nach dem Infektionsschutzgesetz verhängt werden für Personen, die eine Impfung nicht nachweisen, obwohl sie das müssten, und auch für die Leitung der betroffenen Einrichtung. Das Bundesgesundheitsministerium spricht von möglichen Bußgeldern in einer Höhe von bis zu 2500 Euro. Wobei auch ein wiederholtes Bußgeld möglich ist.
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