2016 wurden weltweit 5,7 Billionen (5.700.000.000.000) Zigaretten geraucht1. Die Weltgesundheitsorganisation geht davon aus, dass bis zu zwei Drittel davon nach dem Konsum direkt in der Umwelt landen. Im Jahr 2020 ergaben Sortieranalysen für eine Studie der INFA GmbH, dass bezogen auf die jährlich etwa 80 Milliarden legal in Deutschland erworbenen Zigaretten mit Filtern ca. 40% im öffentlichen Raum der Städte entsorgt werden. Quasi identische Prozentsätze ergaben auch Untersuchungen in Österreich (2012) und Frankreich (2019). Wird bedacht, dass im Ergebnis der INFA-Studie weder illegal in den Verkehr gebrachte Zigaretten erfasst sind, noch jene Stummel die im ländlichen Raum auf Straßen, Wegen, Grünflächen, etc. landen, darf davon ausgegangen werden, dass in Deutschland weit mehr als die Hälfte der Zigaretten nach dem Konsum direkt in die Umwelt entsorgt wird. Eine Studie der TU Berlin zählte durchschnittlich 2,7 Kippen pro Quadratmeter (!) in zentralen Teilen der Hauptstadt.
In einer Umfrage von 2009 fühlten sich 82% der deutschen BürgerInnen von achtlos weggeworfenen Zigarettenkippen gestört. Überraschen mag ein inhaltlicher Widerspruch befragter RaucherInnen: Obwohl 86% Zigarettenkippen als Müll einstuften, gaben drei Viertel von Befragten in den USA an, diese auf den Boden oder aus dem Auto zu werfen.
Unter den 4.000 in Zigarettenkippen enthaltenen Substanzen befinden sich Nikotin, Arsen, Cadmium, Kupfer, Blei, Benzol, Chrom, Blausäure und Dioxin. Diese sind nicht nur für den Menschen giftig, sondern auch für die Umwelt. Durch Sonneneinstrahlung oder Regenwasser werden Zigarettenstummel in kleinere Bestandteile zerlegt und gelangen so in den Boden und (direkt, durch Verwehung oder über die Kanalisation) in Gewässer. Eine Studie zeigt, dass 50% des Nikotins in einem Zigarettenrest bereits nach 30 Minuten herausgelöst sein kann. Eine andere weist jene Kohlenwasserstoffe im Boden nach, die in Zigarettenkippen enthalten sind welche dort entsorgt wurden und identifiziert diese als die Quelle für die, z.T. krebserregenden Substanzen. Ebenso konnte die Auswaschung von Metallen aus Zigarettenresten und ihre potentielle Schädlichkeit für die Umwelt nachgewiesen werden.
Es wird häufig behauptet, dass ein Zigarettenstummel mehr als 40 Liter Grundwasser vergiftet (eine wissenschaftliche Quelle, die dies bestätigt, konnten wir bisher jedoch nicht identifizieren). Nachgewiesen sind hingegen Effekte auf zahlreiche Organismen: Experimente mit Seeringelwürmern, Bakterien und Wasserflöhen, Froschembryos und Fischen zeigen exemplarisch, dass aus Zigaretten gelöste Giftstoffe Tieren erhebliche Schäden zufügen können. Diese reichen von Verhaltensstörungen über Missbildungen und DNA-Veränderungen bis zum Tod. Ein Achtel einer Zigarettenkippe genügte, um alle Wasserflöhe in einem Liter Wasser zu töten. Fünf Kippen pro Liter Wasser töteten sämtliche Schnecken darin. Die während 24 Stunden aus einer Zigarettenkippe gelösten Giftstoffe reichten aus, um 50% aller Süß- und Salzwasserfische in einem Liter Wasser in einem Zeitraum von 96 Stunden zu töten. Wenn größere Tiere (z.B. Hunde) und Menschen (z.B. Kleinkinder) gefundene Zigarettenkippen verzehren erleiden diese in der Regel gesundheitliche Schäden. Auch häufen sich Berichte, wonach Vögel ihren Jungen Zigarettenkippen geben oder Stummel zum Nestbau verwenden – die Folge ist nicht selten der Tod der Nachkommen.
Über Bäche und Flüsse gelangen große Mengen an Zigarettenkippen auch ins Meer. An stadtnahen Ostseestränden sind (dort entsorgte und angespülte) Stummel die häufigste Art von Unrat. Im Durchschnitt wurden auf 23 Stränden in vier Ländern 302 Kippen pro 100m gefunden. Laut dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), sind über 53% des Mülls an den Stränden der Ostsee Zigarettenkippen. Auch an der Nordsee landen sie bei Müllsammelaktionen regelmäßig in den Top 10 der häufigsten Müllteile. Bezugnehmend auf wissenschaftliche Studien, berichten die NBC News, dass Zigarettenrückstände in 70% aller untersuchten Seevögel und in einem Drittel der Meeresschildkröten nachgewiesen wurden.
Neben der toxischen Wirkung von Stoffen, die aus Kippen gelöst werden, ist auch der Zerfall der Filter selbst eine Gefahr für die Umwelt. Zigarettenfilter bestehen in der Regel aus ca. 12.000 Fasern des Kunststoffs Zelluloseacetat und zersetzen sich nach und nach in immer kleinere Bestandteile. Wie lange der Zerfallsprozess dauert, hängt stark von der Umgebung ab, muss aber in jedem Fall in Monaten oder Jahren gemessen werden. Eine Serie von Experimenten zur Zersetzung von Zigarettenfiltern in verschiedenen Milieus ergab beispielsweise einen durchschnittlichen Masseverlust von knapp 38% innerhalb von zwei Jahren. Britische WissenschaftlerInnen fanden heraus, dass die Zerfallsprodu
kte der Filter die Keimungsfähigkeit und das Wachstum von Gras und Klee (und somit höchst wahrscheinlich auch von anderen Pflanzen) reduzieren. Es ist ferner davon auszugehen, dass, wie Erkenntnisse zum Thema Mikroplastik zeigen. auch diese Zerfallsprodukte von Organismen mit Nahrung verwechselt werden. Das bedeutet, dass diese den Verdauungsapparat von Tieren verstopfen und Lebewesen bei vollem Magen sterben. Schließlich ist zu bemerken, dass Giftstoffe in der Natur über die Nahrungskette letztlich wieder den Menschen erreichen. Insbesondere bei Fischen ist hier ein unmittelbarer Zusammenhang gegeben.
Noch ein ganz anderes aber nicht minder wichtiges Kapitel der ökologischen Konsequenzen von weggeworfenen Zigarettenstummeln sind Waldbrände. Diese werden auch in Mitteleuropa aufgrund zunehmend trockener Sommer immer häufiger, wobei der unmittelbare Auslöser in über 90% der Fälle menschliches Handeln ist. Hierbei nehmen achtlos weggeworfene Kippen einen besonders hohen Stellenwert ein. Für Österreich geht das Institut für Waldbau der Wiener Universität für Bodenkultur sogar davon aus, dass sie vermutlich sogar die häufigste Ursache aller Brände darstellen.
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